Pfarrer Sebastian Kneipp - Cholera – Kaplan, Wasserdoktor und Bienenvater. Sebastian Kneipp und die 5 Säulen der Gesundheit
Biographie
Pfarrer Sebastian Anton Kneipp kam am 17.Mai 1821 als Sohn eines Webers im Bayrisch-schwäbischen Stephansried zur Welt. Er hatte noch 2 Halbschwestern und 2 leibliche Schwestern. Die Familie war so arm, dass Sebastian als 11-jähriger bei seinem Vater Xaver am Webstuhl oder als Viehhirte des Dorfes arbeiten musste.
Von 1827 bis 1833 besuchte er die Dorfschule in Stephansried und von 1833 bis 1839 die Sonn- und Feiertagsschule in Ottobeuren.
Nachdem sein Elternhaus abgebrannt und seine Ersparnisse in Höhe von 70 Gulden verloren gegangen war, verließ er seine Heimat und fand eine Anstellung als Knecht in Grönenbach. Ein weitläufiger Verwandter, Kaplan Dr. Matthias Merkle, nahm sich Kneipp an und lehrte ihn Latein und bereitete ihn aufs Gymnasium vor.
In Grönenbach lernte er den evangelisch-reformierten Ortspfarrer und Botaniker Christoph Ludwig Köberlin kennen, der ihn in die Pflanzenheilkunde einführte
1844 wurde Kneipp ins Gymnasium in Dillingen aufgenommen und 1848 begann er dort ein Studium in Theologie.
Kneipp entdeckt die Wasserkur
1849 erkranke Kneipp an Tuberkulose, dabei entdeckte er zufällig das Buch "Unterricht von der Heilkraft des frischen Wassers" von Johann Siegmund Hahn.
Daraufhin badete er mehrmals einige Augenblicke in der eiskalten Donau bei Dillingen an der Donau und wurde daraufhin gesund.
Ein Kneipp-Brunnen und ein Kneipp- Rundweg erinnern in dieser Stadt noch an den Priester und Entdecker der Wasserkur.
1850 erhielt Kneipp ein Freiplatz am Georganium in München und setzte sein Studium fort. Tägliche Wasseranwendungen gehörten indessen zum festen Bestandteil seines Lebens.
Dort behandelte er zum ersten Mal schon heimlich Kommilitonen, die wie er an Tuberkulose erkrankt waren.
Er las Bücher über Wasseranwendungen, besuchte den "Verein der Wasserfreunde" und hörte dort von Vincenz von Prießnitz aus Gräfenberg, welcher schon seit 30 Jahren in Österreichisch-Schlesien mit Wasser behandelte.
Am 6. August 1852 erteilte ihm der Bischof Peter von Richarz im Augsburger Dom die Priesterweihe. Bis 1855 hatte er 3 Stellen als Kaplan in Markt-Biberbach bei Augsburg, Boos und St. Georg in Augsburg.
Im Februar 1853 wurde Kneipp das erste Mal der Kurpfuscherei angezeigt, da er eine Cholerakranke Magd mit heißen Wickeln behandelt hatte. Er wurde zu einer Buße und 2 Gulden wegen "Vergehens gegen das Kurierverbot" verurteilt. Ironischer weise stellte er auch dem Richter eine Kurieranweisung gegen Gicht aus.
1854 klagte ein Apotheker aus Babenhausen (Schwaben) Kneipp wegen "Gewebebeeinträchtigung und Schädigung“ an. Kneipp legte dem Gericht dar, er habe stets nur Menschen behandelt, die nach jahrelanger Behandlung bei Ärzten und Apothekern keine Hilfe gefunden oder die einfach kein Geld hätten, um sich einen Arzt zu leisten. Er musste unterschreiben, „für der auch solchen Unglücklichen nicht mehr zu helfen, die angeblich keine Hilfe mehr fanden“. Im selben Jahr brach eine Choleraepidemie in München aus und verbreitete sich in ganz Oberbayern und Schwaben aus. Kneipps Vater war das erste Opfer der Cholera in Stephansried. Als auch in Boos diese Krankheit ausbrach, handelte Kneipp gegen die Unterlassungserklärung. Später wurde ihm die Heilung von 42 erkrankten Personen zugeschrieben.
Der Generalvikar beim Bischöflichen Ordinariat wurde aufmerksam und zog Erkundigungen über ihn ein. In der Bevölkerung nannte man ihn "Cholera-Kaplan“. Ende 1854 wurde er nach Augsburg versetzt.
Weitere Daten in Kurzform:
- Mai 1855 Kneipp wurde im Kloster Wörishofen Beichtvater und Hausgeistlicher
Er baute unter anderem die Landwirtschaft des Klosters wieder auf, die seit der Enteignung und Auflösung durch den Staat 1802 brachlag und gab im Auftrag des Bischofs eine lebensfähige Grundlage.
Er entwarf ein Entwässerungssystem für feuchte Wiesen, führte neue Kleesorten ein und unterwies die Schwestern im Veredeln von Bäumen und in der Imkerei
Es kamen immer mehr Hilfesuchende Nach Wörishofen, darunter zunehmend Wohlhabende.
- 1873 traf bei Kneipp ein Schreiben Merckles ein, das ihm mitteilte, dass rückwirkend zum 1. Januar 1873 auch in Bayern die Kurierfreiheit gelte.
Während dieser Zeit kamen immer mehr Kurgäste nach Wörishofen.
- 1883 erschien Dr. Bernhuber, ein junger Arzt aus Türkheim, in Wörishofen und sprach mit Kneipp, blieb aber noch skeptisch.
- 1884 kam er wieder, aber dieses Mal mit der Bitte, hospitieren zu dürfen. Kneipp bot spontan seine Zusammenarbeit an und Bernhuber sagte zu. In die Zeit verfasste er „Meine Wasserkur“.
- 1886 erschien dann das Buch und sollte ein Standartwerk werden.
- 1889 gab es bereits 4.000 Heilsuchende in Wörishofen. Kneipp schrieb ein zweites Buch So sollt Ihr lesen! Im Herbst ließ sich Prinz Rupprecht von Bayern, der als Chef des 10.Regiments nahe Augsburg im Manöver war, von Kneipp Güsse verabreichen. Ihm folgten weitere Adlige und hohe Geistliche.
- Im Sommer 1890 waren es bereits schon 6.000 Gäste in Wörishofen. Es entstanden immer mehr Badehäuser. Kneipp hielt nun täglich öffentlich Gesundheitvorträge, in denen er sich gegen die moderne, seiner Meinung nach krankmachende Lebensweise aussprach.
- Am 14. Dezember 1890 gründete der Verleger Ludwig Auer aus Donauwörth den ersten Kneipp- Verein, bei dem Kneipp selbst Ehrenpräsident wurde.
Schon einen Monat später brachte Auer die erste Ausgabe der noch heute erscheinenden Kneippblätter (heute Kneipp-Journal, Hrsg. Kneipp-Bund e.V. Bad Wörishofen) heraus.
- Im August 1892 traf Dr. Alfred Baumgarten in Bad Wörishofen ein. Dieser wurde mit Zustimmung des Kneippvereins als bleibender Badearzt mit fixem Gehalt und Verpflichtung, arme Patienten kostenlos zu behandeln eingestellt.
Kneipp hielt seine Sprechstunden nun im Kurhaus Sebastianeum ab. Im Jahr 1893 zählte Wörishofen insgesamt 33.130 Kurgäste sowie über 100.000 "sonstige Zuläufe und Passanten".
- Ende 1893 wurde Kneipp von Papst Leo XIII. zum Päpstlichen Geheimkämmerer ernannt.
Im folgenden Jahr reiste er nach Rom und erhielt eine Audienz beim Papst. Dieser ließ sich von Kneipp behandeln und schenkte ihm zum Abschied eine goldene Medaille (1). Der Bruder von Kneipps ersten Mitarbeiters Dr. Alfred Vaumgarten, der Päpstliche Kammerherr Paul Maria Baumgarten (1860-1945), fungierte bei der Privataudienz als Führer und Dolmetscher.
- 1894 wurde der Internationale Verband der Kneippärzte unter dem Vorsitz von Dr. Alfred Baumgarten gegründet. Ende des Jahres erschien in Zusammenarbeit mit Dr.Baumgarten “ Mein Testament“.
Trotz aller Erfolge hörten die Anfeindungen nie auf. Es gab mehrere Brandstiftungen in Wörishofen. Sie galten dem Kulturhaus, der Redaktion der Kneippblätter und weiterer Einrichtungen. Die Presse, insbesondere die Augsburger Abendzeitung und die Leipziger Volkszeitung, kritisierte Kneipp scharf , warfen ihm unter anderem "Profitgier und Verwahrlosung der zur Pflege anvertrauter Kinder" vor.
- Im Sommer 1894 zeigte Kneipp die ersten Anzeichen von Schwäche, aber erholte sich wieder und ging bereits im Herbst 1896 wieder auf Vortragsreise.
- Anfang 1897 war er so angegriffen, dass er seine Wassergüsse nicht mehr selbst vornehmen konnte. Man stellte einen schnell wachsenden Tumor im Unterleib fest, der auf die Gefäße drückte. Während er noch krank im Bett lag, stritten sich bereits die Laienbewegung und die Ärztefraktion um sein Erbe. Er lehnte die einzig hilfreiche Methode, eine OP ab.
- Am 17. Juni 1897 starb Kneipp im Alter von 76 Jahren.
Sebastian Kneipp wurde vom Lateinischen Patriarchen von Jerusalem zum Komtur des Ritterordens von Heiligen Grab von Jerusalem ernannt.
Die 5 Säulen der Gesundheit nach Pfarrer Kneipp - Die Kneipp-Kur
- Wasser
In Kneipps Zeiten war die Heilwirkung des Wassers umstritten, inzwischen ist sie aber wissenschaftlich belegt. Temperaturreize, die Wasseranwendungen auf die Haut ausüben, vermitteln starke positive Einflüsse auf die Abwehrkräfte, auf das Herz-Kreislaufsystem und das Nervensystem. Die Wasseranwendungen können ohne teuren Schnickschnack und ohne viel Aufwand durchgeführt werden.
Waschungen
morgens kühles Wasser entweder mit dem Waschlappen oder für ganz Harte einfach nach der warmen Dusche auf den Oberkörper verteilen. Beginnend Herz fern, also an den Fingerspitzen, und „arbeitet“ man sich zum Herzen vor.
Wer das regelmäßig jeden Morgen macht, kann seine Erkältungsmedikamente getrost wegwerfen, auch den Kaffee braucht man nicht mehr zum wach werden.
Zur besseren Entspannung vor dem Schlafengehen verhilft eine Unterkörperwaschung, ebenfalls von den Zehenspitzen zum Bauch.
Bäder
Ein warmes Vollbad ist ein Genuss für Körper und Seele, sollte jedoch nicht länger als 20 min dauern. Alternativ können auch Teilbäder genommen werden. Wechselbäder stärken die Abwehrkräfte und halten fit. Man sollte 5 min im warmen Wasser verweilen und dann 15 Sek. ins kalte Wasser wechseln, insgesamt 3x durchführen.
Kneippsche Fußbäder können im Winter vor Erkältung schützen und helfen zusätzlich gegen kalte Beine und Füße. Erst 15 min verweilen im warmen Fußbad und dann duscht man die Beine kalt ab. Entsprechende Pflanzenzusätze können Genuss und Wirkung steigern.
Güsse
Werden grundsätzlich wie bei Waschungen Herz fern begonnen und enden herznah. Güsse am Oberkörper sind erfrischend und belebend, am Unterkörper sind sie entspannend.
Ein Guss bedeutet nicht, dass man sich einen Eimer Wasser überkippt, sondern es wirken starke Wasserstrahlen auf dem Körper, etwa wie aus einem Schlauch.
Wickel sind altbewährte Mittel gegen unterschiedliche Beschwerden. Sie können heiß und kalt sein und mit Zusätzen wie Lehm, Quark oder Essig angewandt werden.
Quarkwickel sind z.B. hilfreich bei Stauchungen, Zerrungen oder Gelenkentzündungen.
Gegen Entzündungen helfen kühle Packungen.
Mit heißen Wickeln kann man Muskelverspannungen oder Verkrampfungen des Magen-Darm-Traktes vorgehen.
Wickel werden mit Wasser oder entsprechende Zutat getränkt, um die entsprechende Stelle gewickelt und durch ein Handtuch oder eine Decke isoliert. 20 Min reichen vollkommen aus, danach ruhen.
Sauna
Kernbestandteil des Saunierens ist der Heiß-Kalt-Wechsel. Es ist aber die extremste Form. Für die Gesundheit und das Wohlbefinden ist die Sauna bestens geeignet, dabei sind die Temperaturwechsel Hochleistungstraining für die Gefäße. Die Wärme erweitert die Blutgefäße und auch die Bronchien, das Schwitzen entschlackt. Wichtig nach jedem Saunagang ist die gründliche und ausgiebige Abkühlung in Form eines Vollgusses. Nach dem Saunagang das Trinken nicht vergessen, da wir mindestens 1 Liter oder mehr ausschwitzen.
Trinken
- ist und bleibt das Lebensmittel Nr.1. Eine tägliche Wassermenge von 2-3 Liter ist absolut empfehlenswert.
Ernährung
Pfarrer Kneipp machte sich auch natürlich über die Ernährung Gedanken. Die Ernährung sollte gesund und ausgewogen sein und mit Zeit und nicht nebenher oder gar im Gehen zu sich genommen werden. Man sollte sich Zeit nehmen beim Essen und es genießen.
Die meisten Dinge, die Kneipp vorschlägt, sind noch heute populär in modernen Diäten.
- Vollwertkost
- Brot aus Vollkorn
- Pflanzliche Produkte, nichts künstliches
- wenig Salz und Süßigkeiten
- Frische Kost
- und vor allem: alles in Maßen- keine Völlerei
Der Körper sollte zudem ständig mit Nahrung versorgt werden, d.h. viel kleine Mahlzeiten, anstatt ein oder zwei große Mahlzeiten pro Tag. Außerdem sollte man vor dem ins Bett gehen am besten gar nichts mehr essen, dann ist ein guter Schlaf möglich.
Auch ein Glas Wein ist gestattet, allerdings sollte man bevorzugt Wasser trinken. Wer sich an diese Regel hält und seine Ernährung abwechslungsreich gestaltet, ernährt sich gesund.
Heilkräuter
Pfarrer Kneipp hat im 19. Jahrhundert das Wissen, das schon Hippokrates hatte und nach dem die berühmten Benediktinischen Kräutergärten entstanden sind, wieder studiert und zusammen mit neuen Erkenntnissen medizinisch hoffähig gemacht. Heutzutage ist das Wissen von Pfarrer Kneipp voll im Trend.
Für den Hausgebrauch
Brennnessel Birkenblätter
Zu jeder Krankheit ist mindestens 1 Kraut gewachsen
Zur Entwässerung helfen Brennnessel oder Birkenblätter.
Bei Völlegefühl wirken Wachholder und Rosmarin Wunder.
Rezept für Rosmarinwein: 1l Rotwein und 20g getrockneten oder frischen Rosmarin vermischen, 4 Tage ziehen lassen und ab sieben. Zudem wirkt Rosmarin auch entkrampfend auf Magen und Darm.
In Bädern wirkt es anregend, Melisse dagegen entspannend, Baldrian geradezu einschläfernd.
Kamille wirkt bei fast allen Beschwerden: Sie ist beruhigend für den Magen, lindern Hautleiden, und ist entzündungshemmend in den Atemwegen.
Arnika wirkt super bei Sportverletzungen, aber auch bei Spannungsgefühl und bei Blutergüssen, da es abschwellend und heilend, aber auch durchblutungsfördernd ist.
Bei Erkältungen helfen Spitzwegerich und Thymian, bei Fieber Holunder und Lindenblüten.
Für die Atemwege ist Eukalyptus gut.
Wir können Kräuter auf verschiedene Weise zu uns nehmen. Beim Kochen in der Küche entfalten sie ihren aromatischen Geschmack und haben zusätzlich ihre eigene Wirkung. Als Tee werden sie mit heißem Wasser übergossen und können mit Honig gesüßt werden. Als Tinktur oder Salbe werden sie auf die Haut aufgetragen und als Bäder oder Dampfbad sind die Kräuter auch nicht verachten.
- Bewegung
Welche Art der Bewegung man ausführt, ist egal, Hauptsache man tut regelmäßig und mit Freude. Nach Pfarrer Kneipp werden deshalb alle Arten der Bewegung ins Konzept integriert.
Sanfte Bewegung ist ideal zur Krankheitsvorbeugung und Problemen mit der Bandscheibe, Wirbelsäule und den Gelenken. Zusätzlich macht Sport straff und hält den Körper gelenkig.
-Lebensgestaltung
Pfarrer Kneipp machte sich auch Gedanken über eine sinnvolle Lebensgestaltung. Er legte einige einfache Grundregeln fest:
- Man soll auf seine Körper hören und reagieren auf das, was er verlangt
- für ein ausgeglichenes Maß von Ruhe und Aktivität sorgen
- lernen abzuschalten
- Zeit nehmen, um seine eigenen Grenzen kennenzulernen und die eigene Einstellung zu prüfen.
Jeder weiß selbst am besten, wie er gut entspannen kann, ob es ein Bad, ein interessantes Buch oder ein Spaziergang.
Als Hilfestellung kann man verschiedene Entspannungstechniken lernen und anwenden, von der Atemtechnik bis hin zur progressiven Muskelentspannung.
- Seine Werke:
- So sollt ihr leben,erschienen 1889
- Kinderpflege in gesunden und kranken Tagen, erschienen 1886
- Mein Testament für Gesunde und Kranke, erschienen 1890
- Meine Wasserkur, erschienen 1894
- Quellennachweis:
- Sebastian Kneipp - Wikipedia
- Die fünf Säulen der Gesundheit nach Pfarrer Kneipp - Die Kneipp-Kur